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21/11/2024
HomeBundesebeneBRDDünow: Manche große esoterische Projekte in der Grundlagenforschung kosten Milliarden, andere kosten nur Millionen

Dünow: Manche große esoterische Projekte in der Grundlagenforschung kosten Milliarden, andere kosten nur Millionen

Grußwort von Tobias Dünow, Staatssekretär für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg

Sehr geehrter Herr Kreuzer,

lieber Herr Markschies,

sehr geehrter Herr Möllmann,

meine sehr verehrten Damen und Herren!

Zunächst muss ich mich ganz herzlich versuchen zu entschuldigen, ich bin ganz offensichtlich nicht Manja Schüle. Ich hab’ eben mit ihr gesprochen, sie wäre außerordentlich gerne hier, Sie darf an die Verhandlungen zur Bildung einer neuen Bundesregierung teilnehmen und wir waren uns im Vorfeld des heutigen Abends relativ einig, dass es für die Zukunft des Akademieprogramms vielleicht noch wichtiger wäre, das Akademieprogramm unter dem Tag der Forschung und Innovation zu nehmen und deshalb 3 % Steigerung pro Jahr zu organisieren, als hier ein kluges Grußwort zu halten, was Sie ohne jeden Zweifel brauchen.

Ich freue mich trotzdem oder vielleicht gerade deshalb ganz außerordentlich, hier zu sein, weil ich mit diesem Raum etwas verbinde. Ich muss kurz ausholen. Ich habe vor inzwischen mehreren Jahrzehnten an einer außerordentlich klugen Universität studiert, die auch sozusagen wie verbunden war mit einer Akademie, es war weder in Potsdam noch in Berlin, und weil ich da immer so tolle Leute kennengelernt habe, die auch als Krönung ihrer akademischen Laufbahn häufig Mitglieder der Akademie wurden, hab’ ich mal den aus heutiger Sicht völlig naiven Versuch unternommen, sozusagen deren Weisheit sozusagen unmittelbar teilhaftig zu werden und bin zu einer Veranstaltung gegangen, die sich „Öffentlicher Festvortrag“ nannte. Und das war ein ganz schlimmes Missverständnis damals, weil ich war da so als junger Student nur willkommen, wie ich mir das vorstelle, dass man als junge Frau willkommen ist an einem englischen sehr traditionsreichen Club, der aber nur Zutritt für Männer hat. Und…ja.. der Vortrag war trotzdem exzellent, soweit ich das verstanden habe, aber das hat mein Bild von der „einen“ Akademie jedenfalls die längste Zeit geprägt.

Und da hatte ich das Vergnügen, nach Berlin zu kommen aus völlig anderen Gründen und das noch größere Vergnügen, hier in diesem Saal bei einer Veranstaltung, die nicht genug zu loben und zu preisen ist, als Gast teilzunehmen, nämlich beim Akademientag 2021.

Da war das zwar hier brechend voll – wer immer von Ihnen das noch nicht erlebt hat, sollte das wirklich kurz nachholen. Es war wirklich ein Fest der Wissenschaft, es quoll über vor Begeisterung und es hatte auch noch so ein bisschen Glamour dabei, weil ein ordentliches Mitglied der Akademie für theoretische Physik auch noch seine Gattin mitgebracht hatte, das ist ja auch immer schön, weil man sozusagen familiär da zusammen war.

Es war ein ganz fantastischer Abend und da hab’ ich gelernt, dass sich in den vergangenen Jahrzehnten doch eine Menge getan hat, auch in den Akademien – man glaubt es kaum – ich hab jetzt hier einen außerordentlich ausführlichen Festvortrag zum Thema „Identität, Migration, Globalisierung“, aber ich glaube, ich folge nicht der Versuchung zu versuchen, klüger zu sein als Mitglieder der Akademie oder dieses fantastische Podium, deshalb will ich nur zwei Sätze sagen: Also erstens, ich wäre gerne heute hier gewesen, ich musste dummerweise arbeiten und das war viel langweiliger als das, was Sie wahrscheinlich heute diskutiert haben. Ich hab’ mir das Programm angeguckt und ich fand das wirklich super spannend. Die Tatsache, dass ich das persönlich spannend fand oder vermute, dass es spannend gewesen wäre, wenn ich dagewesen wäre, sagt natürlich im Moment gar nichts über die Qualität dieser Veranstaltung aus, sie sagt aber immerhin, dass Sie sich bemühen, interessant zu sein, und das find’ ich wahnsinnig wichtig.

Das Akademieprogramm, das was die Akademien tun, das wäre auch gut, wenn sie sich nicht bemühen würden, interessant zu sein. Auch das, finde ich, ist wichtig. Wir reden ja immer über Wissenschaftskommunikation und es gibt in den Medien auch Indizien dafür, dass es sozusagen auch aus politischen Gründen sinnvoll ist, dass die Akademien ihre segensreichen Wirkungen noch stärker sozusagen in der Öffentlichkeit präsentieren. Das will ich überhaupt nicht in Abrede stellen. Ich will nur einmal fürs Protokoll, das nichtexistierende, sagen, auch wenn Sie sich nicht bemühen würden, wäre Ihre Arbeit wichtig. Ich betone das deshalb, weil ich den Eindruck habe, dass es ein ganz eigentümliches Missverhältnis gibt zwischen Selbstbewusstsein auf der einen und Mitteleinsatz auf der anderen Seite.

Also es gibt sozusagen große Projekte in der Grundlagenforschung, die Milliarden kosten, die auch esoterisch sind, und es gibt Projekte in der Grundlagenforschung, die Millionen kosten, nicht minder esoterisch sind, aber wo jedenfalls absehbar ist, dass irgendwann mal was rauskommt, beispielsweise ein Wörterbuch bei der Edition, während bei manchen physikalischen Großprojekten, wie soll ich denn formulieren … die Wahrscheinlichkeit, dass sie zum Abschluss kommen, noch geringer ist als bei Akademieprojekten, bei denen inzwischen ja, das hab’ ich gelernt,  ja sozusagen nach 25 Jahren Schluss ist, das wäre sozusagen für die, die damals die MGH gegründet haben, natürlich eine absurde Vorstellung gewesen.

Wie dem auch sei, ich finde das super, ich will Sie gar nicht länger aufhalten. Ich freue mich, hier sein zu dürfen, und ich wünschte mir, dass das, was Sie tagtäglich tun. Übrigens, das kann man auch nicht häufig genug erwähnen, nicht nur die ordentlichen Mitglieder der Akademie,  sondern in dem Fall – sorry –  aber vor allen Dingen natürlich die Mitarbeiter in den Akademieprojekten, die sozusagen in nicht immer einfachen Arbeitsverhältnissen großartige Grundlagenforschung leisten, die über Jahrzehnte, in guten Fällen auch über Jahrhunderte, Bestand haben, was eine tolle Arbeit ist. Und ich würde Sie ermuntern, das mit großem Selbstbewusstsein und mit ganz wenig schlechtem Gewissen gegenüber den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern auch so zu artikulieren, weil das, was Sie machen, Tolles, Spaß macht, sinnvoll ist und dazu noch vergleichsweise günstig.

Aufgezeichnet von Mag. phil. Nader Mohamed
verschriftet von Kirsten Mische

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