Es geht um den erheblichen Druck auf Deutschland seitens des amerikanischen Präsidenten wegen der Militärausgaben. Wie würden Sie dieses Problem lösen? Werden Sie F-35 aus Amerika bestellen und sagen, damit sei die Sache erledigt, oder werden Sie in die Militärforschung oder die Forschung für militärische Zwecke zum Beispiel in der Militärindustrie investieren? Wie werden Sie die zwei Prozent erreichen, die Herr Trump von Ihnen verlangt?
BK’IN DR. MERKEL: Die zwei Prozent und die Entwicklung der Verteidigungsaufgaben jedes Mitgliedsstaates der NATO in Richtung dieser zwei Prozent sind ja keine neue Entwicklung, sondern das ist ein Beschluss aus Wales 2014, den wir noch unter der Präsidentschaft von Barack Obama und noch in ganz anderen Situationen gefasst haben, und zwar nicht deshalb, weil wir diese Zahlen so wichtig fanden, sondern weil wir gesehen haben, dass wir ganz neuen Herausforderungen gegenüberstehen. Es war die Zeit nach der Annexion der Krim, die Zeit nach dem Eingriff in die Ostukraine. Damals hat man gesagt: Es ist nicht nur so, dass wir durch die NATO so wie zum Beispiel in Afghanistan agieren müssen, sondern wir müssen auch dem Thema der Bündnisverteidigung wieder eine größere Bedeutung beimessen. Deshalb haben alle diese Entwicklung unterstützt.
Wenn man sich anschaut, welche Ausgaben wir an die NATO melden, also NATO-relevante Ausgaben, dann sieht man, dass Deutschland seine Verteidigungsausgaben von 2014, damals waren es 34,7 Milliarden Euro, bis zum Jahr 2019, wofür jetzt der Haushaltsentwurf vorliegt, auf 46,3 Milliarden Euro erhöht hat. Sie sehen also, dass hier in wenigen Jahren, in fünf Jahren, ein erheblicher Aufwuchs stattgefunden hat. Das ist auch bitter notwendig, weil es gar nicht um irgendeine Aufrüstung geht, sondern im Grunde um eine vernünftige Ausrüstung unserer Bundeswehr.
Wir haben auf der einen Seite eigene europäische Waffensysteme, und wir haben auf der anderen Seite amerikanische. Wir haben jetzt zum Beispiel unsere Drohnen aus Israel geleast. Das heißt, wir agieren auf dem gesamten internationalen Markt je nach der Qualität und der Notwendigkeit. In den letzten anderthalb Jahren haben wir auch eine massive Stärkung unserer europäischen Verteidigungsinitiativen erlebt, und zwar durch die strukturierte Zusammenarbeit und durch die Schaffung eines Verteidigungsfonds, der auch dazu genutzt wird, gemeinsame europäische Waffensysteme zu entwickeln.
Wir haben in Europa zurzeit 178 Waffensysteme. Die Amerikaner haben weniger als 50. Daran können Sie auch ermessen, wie ineffizient unsere Gelder ausgegeben werden. Denn jedes Waffensystem bedarf einer speziellen Wartung, einer speziellen Ausbildung, und ist nicht kompatibel mit dem Nachbarwaffensystem. Deshalb werden wir in den nächsten Jahren, man muss sagen: Jahrzehnten, auf eine Vereinheitlichung in Europa hinwirken. Wir werden zum Beispiel auch ein gemeinsames europäisches Kampfflugzeug entwickeln; nicht wie heute, wo wir den Eurofighter und gleichzeitig die Rafale haben, sondern hier wird es gemeinsame Entwicklungen geben.
Das kann auch für die Wettbewerbssituation gut sein, denn wir wissen zum Beispiel, dass die Gründung von Airbus im zivilen Bereich der Luftfahrt dazu geführt hat, dass wir heute zwei große Anbieter haben. Das ist, glaube ich, insgesamt für den Wettbewerb auf der Welt sehr gut. Das heißt, man muss sich nicht einseitig auf Systeme eines Herstellers konzentrieren, sondern ein gewisser Wettbewerb ist insgesamt gut. So werden wir in Europa vorgehen. Dort, wo es Gründe gibt, auch amerikanische Systeme zu kaufen, wird man das tun, aber wir haben auch einen eigenen europäischen Anspruch.
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ab 51:45