Nader Mohamed fragt Herrn Habeck
In 90 Tagen gibt es Wahlen in Brandenburg und Sachsen und am 27.10. in Thüringen, das sind Hochburgen der Rechtsradikalen, schaffen die Grünen es dort die Situation zu ändern und diese Hochburgen zu erobern? Wie beschäftigen Sie sich jetzt in diesen 90 Tagen damit, können Sie dort etwas bewirken, oder sind jetzt diese Länder verloren?
Antwort (Robert Habeck): Ihre Frage selbst, schaffen es die Grünen es, den Trend in Ostdeutschland zu drehen, ist -zeigt das, was ich versucht habe … abstrakt zu sagen, das ist, denke ich, das was uns jetzt zugeschrieben wird, tun Sie ja in der Frage und das ist ja -also ich meine- wir haben zweistellige Ergebnisse in Brandenburg und in Sachsen, das ist für sich genommen schon ein Ausrufezeichen. Daraus aber abzuleiten, dass wir die Trendumkehr einleiten können in der Stimmung jedenfalls, ist ganz schön viel und ich will das so beantworten, dass wir, da wir die Dynamik im Moment sehr stark haben, auch dieser Aufgabe uns stellen müssen, das heißt nicht, dass wir annehmen, dass wir da, ich weiß nicht was, zweitstärkste Kraft oder sowas werden können oder wollen, das kann nicht, das kann nicht das Ziel sein, aber das Ziel muss sein, eine gesellschaftliche Debatte zu öffnen, die der bürgerlichen liberalen politischen Mitte wieder Raum verschafft sich zu engagieren und dann mögen die anderen Parteien auch gewinnen, das muss dann -sei ihnen gegönnt- aber wir brauchen natürlich eine gesellschaftliche Trendumkehr, ich weiß, dass die Zeit wegläuft, ich will das aber einmal ganz kurz erläutern, wir haben in Görlitz, und Görlitz liegt an der polnischen Grenze, mitten in Sachsen, das ist kein grünes Stammland, da wäre die Spitzenkandidatin Franziska Schubert fast in die Stichwahl mit dem AFD-Kandidaten gekommen, die hat 28 % gemacht in Görlitz. Hat jetzt ganz knapp nicht gereicht, aber wir hatten da Veranstaltungen, oder ich war da auf einer Veranstaltung von Franziska Schubert, da war die ganze Stadtgesellschaft da, hatte ich das Gefühl, und auf einmal musste man sich nicht rechtfertigen, dass man zu einer grünen Veranstaltung geht, sondern man musste sich auf einmal fast rechtfertigen, warum man gestern nicht da war. Das muss nicht zwingend bei den Grünen einzahlen, aber wir müssen schon uns der Aufgabe stellen und wir wollen uns der Aufgabe stellen, auch gerade in Brandenburg und in Sachsen unseren Beitrag zu leisten, dass Deutschland nicht 30 Jahre nach der Wiedervereinigung in zwei politische Welten auseinanderfällt. Das kann nicht sein und Sie hören daraus, dass jetzt ein grüner Bundesvorsitzender sagt, 30 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung. Wir müssen unseren Beitrag für eine neue Gemeinsamkeit in Deutschland leisten, dass wir mit einem anderen Anspruch an uns selbst rangehen müssen.
Quelle:
Pressekonferenz mit Vertretern der Grünen zu den Europawahl-Ergebnissen am 25.05.2019
https://www.youtube.com/watch?v=erLdafbnYhA&feature=share&app=desktop
(ab 19:20)
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