Jens Burchardt Partner & Associate Director Berlin (Boston Consulting Group)
Burchardt: Mein Name ist Jens Burchardt. Ich bin Partner für Klima und CO2 bei der Boston Consulting Group. Wir haben heute hier in der Bundespressekonferenz eine gemeinsame Studie mit dem BDI vorgestellt, die Klimapfade 2.0 und da schlagen wir ein Regulierungsprogramm für diese Bundesregierung vor, das in der Lage wäre unsere Klimaziele in 2030 zu erreichen, die Weichen in Richtung Klimaneutralität 2045 zu stellen, das alles zu tun möglichst ohne soziale und wirtschaftliche Brüche zu erreichen. Wir sehen eine unglaubliche Chance, dass Deutschland mit diesem Programm wirtschaftlich erfolgreichen Klimaschutz realisiert. Wir sehen aber auch die Notwendigkeit, dass wir dafür in dieser Legislaturperiode fundamental neue Weichen in unsere Klimapolitik stellen.
BKZ: Das aktuelle Thema heute im Haus der Bundespressekonferenz ist „Nord Stream“. Wie sieht es damit aus?
Burchardt: Da haben wir uns jetzt nicht besonders intensiv mit beschäftigt in aller Offenheit. Meinem Eindruck nach ist das natürlich jetzt gerade eher eine politische Frage, was wir bewerten können ist, wie sich unser Gasverbrauch entwickelt. Wir glauben offen gestanden nicht, dass Deutschland jemals wieder so viel Gas verbraucht wie wir es heute tun. Was das im Kontext der politischen Diskussion dieser Pipeline heißt, kann ich jetzt weniger gut bewerten.
BKZ: Welche sofortigen Maßnahmen schlagen Sie vor damit nicht alles scheitert oder gibt es ein Versäumnis?
Wir schlagen schon ein relativ breites Paket an Maßnahmen vor. Die Wichtigsten sind sicherlich einmal die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, das heißt Nutzung fossiler Energieträger in allen Sektoren unattraktiver zu machen, Wechsel auf Strom anzureizen, nationales Infrastrukturprogramm umzusetzen für Strom, Wasserstoff, Ladestationen, Fernwärme, CO2 und Schienen und dabei auch Genehmigungs- und Umsetzungsverfahren fundamental zu beschleunigen. Das brauchst aber darüber hinaus auch für jeden einzelnen Sektor eigene Maßnahmen, eigene Anreize damit da die Unternehmen und privaten Haushalte, die jetzt Investitionsentscheidungen treffen müssen in klimaneutrale Produkte, das auch tun.
BKZ: Wie ist es mit der Energie in Deutschland, denn Deutschland ist ein energiearmes Land? Werden die erneuerbare oder alternative Energie einen Ausgleich schaffen können?
Burchardt: Wir werden Deutschland jetzt sicher nicht energieunabhängig machen können. Deutschland wird immer ein Importland von Energie bleiben müssen. Es muss in Zukunft halt keine fossile Energie mehr sein, sondern Erneuerbare zum Beispiel Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe. Was trotzdem der Fall ist, ist das mit dieser Klimatransformation wir uns von Energieimporten erheblich viel unabhängiger machen. Ein deutlicher Teil der Transformation ist Elektrifizierung unser Anwendungssektoren. Wir bauen sehr viel mehr Energieproduktion, vor allem im Stromsystem in Deutschland auf, eigene Wasserstoffproduktion. In unseren Szenarien würde der Import von Energieträgern bis 2045 um ungefähr 80% zurückgehen, das heißt es ist schon ein Gewinn dieser Transformation, dass wir uns deutlich unabhängiger machen.
BKZ: Ist Deutschland auf einem guten Weg für Klimaneutralität oder gibt es noch Handlungsbedarf, der fatale Auswirkungen haben kann, wenn man nicht sofort handelt?
Erstmal haben wir vor allem ambitionierte Ziele und in unseren Augen erreichen wir diese Ziele nicht annähernd mit bestehender Politik, wenn wir das durch modellieren, haben wir eine Lücke von ungefähr der Hälfte zwischen dem was wir in 2030 erreichen wollen jetzt alleine mal in den nächsten zehn Jahren und tatsächlich mit bestehender Regulierung würden, das heißt es muss sich schon jetzt sehr sehr schnell übergreifend und in jedem einzelnen Sektor regulatorisch deutlich mehr tun damit wir tatsächlich auf einen Pfad kommen der unsere Ziele trifft und dafür haben wir unsere Studie geschrieben und formuliert.
Interview geführt von Mag. phil. Nader Mohamed
verschriftet von Rauja EL Khatib