BKZ: Mein Name ist Nader Mohamed, Berliner Kriminalitätszeitung. Ich habe Sie mehrmals im Haus der Bundespressekonferenz getroffen.
Lindner: Ja.
Meine Frage ist zum Thema „Organisierte Kriminalität“. Sie haben letztes Jahr der organisierten Kriminalität den Kampf angesagt. Sie hatten es vor mit dem Bundesfinanzkriminalamt. Aber wenn man mit den Leuten redet, sagen sie, Herr Lindner schafft das nicht, vielleicht schafft der übernächste Minister dieses Bundesfinanzkriminalamt. Das war August, dann kam Unterstützung aus der Union im Dezember und danach nichts, es ist ruhig. Ich verstehe, es gibt 8 Zollfahndungsämter. Bei jedem Zollfahndungsamt gibt es eine gemeinsame Ermittlungsgruppe „Rauschgift“ GER oder eine als Leuchtturmprojekt „GEZig“, das ist eine gemeinsame Ermittlungsgruppe „Zigaretten“ und dann nicht. Wo ist jetzt Herr Lindner mit seinem Bundesfinanzkriminalamt?
Lindner: Also, Sie stellen großartig informierte Fragen. Erlauben Sie trotzdem ganz kurz, auch für den Rest der Gäste zu erläutern, worum es geht.
BKZ: Okay.
Lindner: In der Zuständigkeit des Finanzministeriums ist auch der Zoll. Und der Zoll, das sind nicht nur die Leute, die am Flughafen manchmal lästigerweise die Koffer anschauen wollen, das ist nicht der kleine Bruder der Polizei, sondern das ist eine ganz eigene Organisation, wie ich verstehe, als Partner der Wirtschaft und der ehrlichen Bürgerinnen und Bürger, denn die bekämpft auch z.B. Produktpiraterie oder bei der Einfuhr nach Deutschland, dass mit der Eingruppierung, der Tarifierung beim Zoll Dinge passieren, die nicht passieren sollten, der bekämpft auch Geldwäsche und andere Formen der Finanzkriminalität – Achtung, nicht Steuerfahndung. Das ist Sache der Länder, also nur Finanzkriminalität, Geldwäsche. So, da sind wir in Deutschland nicht so gut aufgestellt. Wir haben einen Bericht einer internationalen Organisation bekommen, das war so quasi, wie soll ich sagen… das Willkommensgeschenk. Der Bericht ist nämlich ungefähr da erschienen und veröffentlicht worden nach einer 2 ½-jährigen Untersuchung, als ich ins Amt kam. Und der sagt so in diplomatischer Art: Die Bekämpfung von Geldwäsche gibt noch Anlass zu weiteren Vervollkommnungen. (Zuhörer lachen) Und daneben haben wir die organisierte Kriminalität, Rauschgift, anderes Gift. Also ganz was anderes. Was haben wir jetzt gemacht? Das erste, was ich getan habe, ist, ich habe die Generalzolldirektion in Köln beauftragt, ein Konzept vorzulegen, wie wir die organisierte Kriminalität, Rauschgift usw. stärken können. Ergebnis der Fachleute ist: Wir müssen bei den Hauptzollämtern, die es überall in Deutschland gibt, Schwerpunkte bilden, Kräfte in Kompetenz zusammenziehen, müssen übrigens auch digitaler werden. Dieses Konzept für die organisierte Kriminalität, das wird schon ausgebaut, das läuft schon, ist jetzt in der Umsetzung bereits. Und dann haben wir daneben die hochverdrahtete internationale Finanzkriminalität, die Geldwäsche, übrigens auch die Durchsetzung von Sanktionen gegenüber Russland. Und dafür hatten wir bislang in unserer Behördenlandschaft in Deutschland nichts. Was international funktioniert und Geldwäsche so bekämpft wird, entstehen viele Milliarden Euro Schaden jedes Jahr, okay, das müssen wir ändern. Und wir haben den Auftrag gegeben: Was brauchen wir dafür? Und das Ergebnis ist, wir brauchen eine Bundesoberbehörde, also der Künstlername ist „Bundesfinanzkriminalamt“, ja, wie’s so heißt, Verwechslungsgefahr mit dem Bundeskriminalamt. Aber, schöner Name, Künstlername, „Bundesfinanzkriminalamt“, und seitdem findet statt die Systematik der Wirtschaft, die systematische Verfolgung der Geldwäsche, die Frage der Sanktionsdurchsetzung und die Ermittlung bei großen Länder- und international übergreifenden Finanzermittlungen. Und das läuft, ich denke, dass wir im Laufe dieses Jahres bereits mit der vorbereitenden Gesetzgebung beginnen können.
Interview geführt von Nader Mohamed
verschriftet und revidiert von Kirsten Mische