Das Thema des Treffens des Korrespondentencafés am 16. Dezember 2021 im Hotel Am Kanzleramt Steigenberger war über die Nachnutzung von TXL, ein der größten Projekte Europas und die Zukunft des Bezirks Reinickendorf sowie die Präsentation des Bezirksporträts Reinickendorf
Die Gäste:
Uwe BROCKHAUSEN, Reinickendorfs ganz neuer Bürgermeister (SPD)
Gudrun SACK, Geschäftsführerin der Tegel Projekt GmbH / Urban Tech Republic
Benno HÜBEL, Geschäftsführer des Traditionsunternehmens SAWADE
Ralf ZÜRN, Werbeagentur Unit ZÜRN, Initiator des Bezirksporträts Reinickendorf
Moderator:
Ewald König: Der Österreichische Journalist und Träger des Papst-Johannes-XXIII.-Preises und des Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich
Zürn: Ja, bei der Analyse des Bezirks kommt man neutral natürlich unschwer auf n’ paar Trümpfe zu sprechen, die ich Ihnen jetzt noch mal einzeln vorstellen möchte, die sind derer sechs.
Und der erste Trumpf ist ein unglaublich reicher Kulturschatz in Form der beiden Brüder Humboldt. Wenn Sie sich vorstellen, Reinickendorf ist ein Bezirk, der hat 266.000 Einwohner, das entspricht ungefähr der Größe der Stadt Wiesbaden. Ich kann mir vorstellen, dass jede Stadt mit mehr als ’ner Viertelmillion Einwohner auf der Welt sich unglaublich reich schätzen würde, wenn man diese beiden Botschafter, die weltweit bekannt sind – ich kenn’ sie aus Südamerika, in Mexiko haben sie überall Schulen, alles heißt nach Humboldt, Humboldt, Humboldt … Die beiden, die sind dort geboren, haben dort gelebt, die sind dort begraben. Sie haben praktisch ihre Heimat, sie sind Reinickendorfer Jungs, würde ich als Berliner sagen wollen, und da sollte man das wenigstens mal erwähnt haben und dass die Humboldts also unmittelbar mit diesem Bezirk untrennbar verbunden sind.
Das zweite ist: Annalena Baerbock – und nicht nur Ihrer Partei schon bekannt, Herr Brockhausen – ist die neue Außenministerin, sie wird zukünftig alle Außenminister dieser Welt in Reinickendorf empfangen, und zwar auf dem ehemaligen Refugium, oder immer noch Refugium, der ehemaligen Villa Borsig. Sie kennen das Auswärtige Amt und das ist auch etwas, was mitten im Bezirk liegt, auch wenn kaum jemand weiß, dass dort internationale Außenpolitik aus dem Bezirk heraus passiert.
Und das dritte… das dritte Fund ist die Nähe zum Flughafen. Jetzt werden Sie sich wundern und sagen: „Der ist aber doch so weit weg von Reinickendorf.“ Das ist auch logisch, aber es gibt einen „Transmissionsriemen“, wir im Marketing-Deutsch immer so gerne sagen, das ist nämlich die Umsteigemöglichkeit der Deutschen Bahn, das haben die ganz intelligent gelöst mit ’nem „Hub“, neudeutsch, also Umsteigebahnhof Gesundbrunnen ist man tatsächlich mit dem BER-Express in 25 Minuten unten in den Terminals eins und zwei. Übrigens kommt der Zug vom Hauptbahnhof, der macht den Schlenker über Gesundbrunnen.
Also es ist weiter, (sich) um die Ecke ’rum vom Hauptbahnhof an den neuen BER anzunähern, als vom Bahnhof Gesundbrunnen, und den kriegt man hier wiederum von allen Reinickendorfer Ortsteilen in Minutenschnelle, insofern ist das tatsächlich infrastrukturmäßig wirklich einfach, an den neuen Flughafen zu kommen.
Ein weiteres ist die Stille im Bezirk, es gibt keinen einzigen zukünftigen aufgestellten Bezirk in Berlin, der so viel Stille vom Fluglärm haben wird, weil sich natürlich jetzt alles im Brandenburger Land konzentrieren wird und insbesondere der Südosten, hochgelobt wegen seiner ganzen Investitionen, die dort auch stattfinden werden, aber Fluglärm wird’s da auch geben, das darf man nicht vergessen.
Insofern ist es als Wohnlage mit einer Zukunftsvision versehen, wo man sagen kann, gerade wie vorhin angesprochen einer exzellenten und attraktiven.. mit einer hohen Kaufkraft, einer hohen… mit hohen Bodenrichtwerten unterlegten Ortsteile Hermsdorf bis Wasserlagen, Heiligensee, Konrads Höhe, Tegel fallen mir ein. Die haben natürlich ’ne Schubkraft in Zukunft, wo die Leute sagen: „Dort ist es still und wir haben trotzdem die exzellente Infrastruktur.“ Und ein letztes, was mir dabei ganz wichtig ist, ist eben die geballte Wirtschaft.
Ich habe es bei den ganzen letztjährigen Analysen in Deutschland kaum erlebt, dass ein Bezirk es geschafft hat, die geballte Kraft der Unternehmen, die dort ansässig sind, so hinter sich zu bündeln, wie es jetzt hier auch geschieht.
Das geschieht also in Form von Großunternehmen wie in Berlin beispielsweise die Berliner Volksbank, Berliner Wasserbetriebe, Mercedes, die natürlich nicht ursächlich hier in Reinickendorf zuhause sind, die die Kampagne ebenso unterstützen wie Lokalunternehmen wie Sie, Herr Hübel und Sawade, und wieder – wie Sie so gerne fast schon kokettierend sagen mit einem Kleinunternehmen. Und tatsächlich – ich find’ Ihr Unternehmen mittlerweile gar nicht so klein, dies sei nur am Rande geschildert.
Also diese Mischung, diese Mischung, glaub’ ich, die macht es und die, da darf ich mich jetzt in die Worte von Uwe Brockhausen einreihen, wird einigen noch eine hervorragende Zukunft bescheinigen und dieses ist ja bereits auch schon erkennbar durch Medienberichterstattung, die ganz anders (ist) als in der Vergangenheit. Als allerallerletztes – und das ist mir persönlich wichtig – ich bin immer jemand, der sehr kritisch in Kieze hineinschaut. Wir haben – du, lieber Frank Schmeichel weißt es besser als jeder andere – insgesamt in Berlin 81 verschiedene Kieze. Der Berliner sagt ja nicht, er wohnt in Zehlendorf, sondern du sagst, du wohnst in Wannsee. Der Reinickendorfer sagt, er wohnt in Fronau, weil er da gern zuhause ist, und in Pankow ist man dann lieber in einem Ortsteil XY zuhause.
Das führt aber dazu, dass es zwei Berliner Ortsteile gibt, die in Zukunft ebenso völlig umgekrempelt werden, das ist Reinickendorf-Ost und …Der Kollege hat schon gesagt, er ist in der Residenzstadt mit seiner Firma ansässig und ich kenne internationale Investorenpläne, die heute schon sagen.. ich weiß nicht, wer von Ihnen die Osloer Straße kennt? Die ist im Wedding, die ist ja ein Sprung weit entfernt vom Scheewer See und von Gegenden, die nicht unbedingt in der Vergangenheit das Aushängeschild vom Bezirk Reinickendorf waren. Dort guckt man mit Argusaugen hin und sagt, das ist ’n Sprung weit von Mitte entfernt, ebenso wie Reinickendorf-West, wenn man die Scharngieber Straße geradeaus fährt, ’n Sprung weit vom Hauptbahnhof entfernt wär’.. ist, indem man nämlich die Mullaustraße konsequent geradeaus fährt und dann schon fast dort ist.
Das führt dazu, dass eine räumliche Nähe vorhanden ist, dieser beiden Ortsteile, die man bis jetzt gar nicht im Fokus hatte, und das wiederum führt dazu, dass heute schon in den beiden Ortsteilen Nachfrage ausgelöst wurde, gerade in Hinsicht auf Penthäuser, weil kein Flugplan mehr drüber fliegt und das dreht eben auch diese Ortsteile außerordentlich stark.
Ich glaube, das war jetzt vielleicht erst mal genügend an Fakten und ich glaube auch natürlich, Sie haben die Chance, jetzt in ein Frage- und Antwort-Spiel überzugehen.
Ewald König: Von den Fakten kurz zu einer Analyse. Ich möchte den Herrn Brockhausen befragen, eine politische Frage: Wie war denn der Übergang vom Herrn Balzer, der CDU-Politiker war, zu Ihnen? Ist das alles harmonisch gelaufen?
Brockhausen: Also, bis dahin soweit harmonisch, als wir uns in einem Ziel immer einig waren: Reinickendorf muss stärker in Berlin auch wahrgenommen werden. Reinickendorf muss vorangetrieben werden und Kommunalpolitik… das kann ich Ihnen auch so sagen, ist ja keine dogmatische Politik, sondern da kümmert man sich um die kleinen und großen Probleme eines Bezirks und möchte vor allen Dingen so einen Bezirk ja auch gestalten. Und in dem Wunsch waren wir uns einig, wir haben aber unterschiedliche Schwerpunkte, um das auch deutlich zu sagen. Ich bin ja jetzt mit einer Ampelkoalition in Reinickendorf vertreten, die im Übrigen ja auch – Sie sehen’s ja an der Bundesregierung – voll dem Trend in der Bundesrepublik entspricht und ich verspreche mir sehr viel davon, mit neuen Köpfen neue Impulse auch für Reinickendorf zu setzen und insoweit verändert sich auch politisch …
Wir haben also … Wir sind ein traditioneller Bezirk, der viele Jahre durch die CDU geführt worden ist. Das hat sich jetzt geändert und natürlich ist es auch ein Vorteil, wenn Sie andere mit im Boot haben, ich sag’ jetzt mal, die Grünen, die FDP haben alle ihre eigenen Schwerpunkte und darüber zu sprechen, auch durchaus kritisch… Die Chancen, die wir haben in Reinickendorf, auch anders zu gewichten, da denk ich auch wieder an die Wirtschaft und an den Wohnstandort mit neuen Ideen unser Reinickendorf voranzubringen, das ist der Ansatz und insoweit bin ich mir auch sehr sicher, dass wir ’ne wirklich gute Politik mit der Ampel in Reinickendorf für die nächsten Jahre hinbekommen und vor allen Dingen auch den Wirtschaftsstandort – das ist mir ein Anliegen. Noch mehr in den Blick nehmen, noch mehr darüber sprechen, warum Reinickendorf so ein großes Potenzial hat, das größte Potenzial aus meiner Sicht für ganz Berlin. Und das wahrzunehmen, das auch .. dafür zu werben, das merken Sie mir an, das ist einfach mein Anliegen und da müssen wir ganz deutlich noch besser werden und da ist es mit dieser Standortkampagne uns auch, glaub’ ich, gelungen, da einen ersten Aufmerksamkeitspunkt zu setzen und das soll so weitergehen.
Ewald König: Das werden wir gerne beobachten.
Aufgezeichnet von Mag. phil. Nader Mohamed
verschriftet von Kirsten Mische