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27/07/2024
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Franziska Giffey: Berlin ist im Moment Zugpferd der deutschen Wirtschaft

Berlin ist eine Weltmetropole, ein Innovationsstandort, eine Gründerhauptstadt und vieles mehr. Doch auch an der Hauptstadt geht der Fachkräftemangel nicht spurlos vorbei. Welche Rolle spielt dieser für die Stadt und den Wirtschaftsstandort? Auf dem Festival der Berliner Wirtschaft am 31.08.2023 im Ludwig Erhard Haus (IHK Berlin), unter dem Motto „Zukunftsdialog Fachkräftegewinnung“ haben  ca. 50 RednerInnen und ca. 1.000 Gäste die Herausforderungen diskutiert und Positivbeispiele benennten. Die IHK Berlin war ein Denk- und Werkraum für eine zukunftsfähige Arbeitswelt mit spannenden Lösungen und Raum für Ideen und Impulse und richtet sich an Berliner Unternehmen, die sich zum Thema Fachkräfte austauschten und vernetzen möchten.

Franziska Giffey, die Berliner Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe, hat gemeinsam mit IHK-Präsident Sebastian Stietzel und Hauptgeschäftsführer Jan Eder einen Rundgang in der IHK Berlin gemacht und die folgende Eröffnungsrede gehalten:

„Meine Damen und Herren, ich will’s gar nicht zu lang machen. Das gehört ja auch ein bisschen dazu, dass man in Berlin in den hinteren Reihen quatscht, aber ich will für die, die hier vorne zuhören, einfach einmal sagen, der Impuls, der hier heute ausgeht, der war schon mal toll, mit Frank Eilers,  vielen, vielen Dank. Ich fand das wirklich absolut inspirierend, was Sie gesagt haben. Und es ist ein Anfang, der ja für mich, als jemand, der seit über 20 Jahren in der Politik unterwegs ist und auch in der Berliner Verwaltung, natürlich auch noch mal besonders inspirierend ist. Und wenn man dann überlegt: Wir bringt man das eigentlich zusammen? So … Zuständigkeit auf der einen Seite und .. ja, „da wollen wir hin“ auf der anderen Seite und einen Sinn geben, auch mit der Berliner Verwaltung, dann ist es genau das, was Sie sagen. „You always get what you give“ ist die Botschaft, und „Du wirst nur Engagement bekommen, wenn du auch Sinn gibst“. Und das ist unsere Aufgabe, dass wir als diejenigen, die in der Politik für unsere Stadt, für unser Land Verantwortung tragen, genauso auch sagen: Wo wollen wir eigentlich hin? Was ist unser Ziel hier für Berlin? Was wollen wir erreichen mit den Menschen, die im Unternehmen Berlin arbeiten, in unserer Verwaltung? Und genau das beschäftigt mich auch und ich bin seit April Ihre Wirtschaftssenatorin mit großer Freude, es macht wirklich Spaß. Und ich hab’ heute Morgen gesagt, ich bin öfter in der IHK als in meiner eigenen Verwaltung, also insofern, Sie machen was richtig, lieber Herr Stietzel, an das ganze Team: Hier in diesem Haus passiert wirklich unfassbar viel für die Berliner Wirtschaft,  Sie geben Impulse, Sie geben Ideen, Sie geben auch kritische Begleitung und Sie geben auch Orientierung für die Strategie für die Berliner Wirtschaft und das ist ganz, ganz wichtig. Und deshalb bin ich gerne heute hier und will mit Ihnen ein bisschen teilen, was uns beschäftigt an dieser Stelle. Ich hab’ am Beginn dieser ja .. unterbrochenen, wieder neu begonnenen Legislatur  – es war ja ein turbulentes halbes Jahr, das hinter uns liegt – gesagt, wir brauchen ein paar grundlegende Leitlinien für die Wirtschaftspolitik im Land Berlin. Ich will die in vier Sätzen zusammenfassen.

Der erste Satz ist: Wir arbeiten für ein starkes Wirtschaftswachstum in unserer Stadt. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, ist sie aber nicht. Denn es ist notwendig, dass wir es ganz klar aussprechen: Wir wollen Wachstum in Berlin. Wir wollen Unternehmensansiedlungen, wir wollen Investitionskapital und wir wollen mit den Menschen, die in unserer Stadt investieren, Arbeit schaffen, Technologien entwickeln, auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Und das gelingt auch, denn wir haben in den letzten Jahren ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum gehabt, 4,9 %, das ist ein Spitzenwert im bundesweiten Vergleich. Und auch in diesem Jahr mit der Prognose 1,5 % Wachstum liegen wir bei einem Bundesschnitt von -0,3 eins Komma acht Prozentpunkte über Schnitt! Und das heißt, Berlin ist im Moment Zugpferd der deutschen Wirtschaft. Wir heben den Bundesschnitt! Wenn wir nicht so gut performen würden, wie wir es tun, würde der Bundesschnitt noch schlechter aussehen, das muss man sich immer bewusst machen. Es ist die Arbeit der Unternehmen, es ist die Arbeit der Berliner Wirtschaft, die gezeigt hat, auch dass sie krisenresilient ist, dass der Neustart im letzten Jahr gelungen ist und dass wir jetzt uns auf den Weg machen, eine Krisenresilienz-Phase auch einzuleiten. Wir fördern und unterstützen das auch von unserer Seite. Wir wollen dieses Wachstum, weil es wichtig ist für den Wohlstand unserer Stadt. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Wir arbeiten für ein klimaneutrales Berlin. Das ist das, was unsere große Zukunftsfrage ausmacht. Und es ist die, die mit großen Transformationsprozessen und Veränderungen verbunden ist. Und das heißt, wir wollen diese Veränderungen auch angehen. Dekarbonisierung, Veränderung, Transformation der Wirtschaft, Nutzung erneuerbarer Energien, die Frage, wie wir unsere Gebäude effizienter machen, wie wir dafür sorgen, dass der Verkehr in unserer Stadt klimafreundlicher, klimaneutraler wird, das sind Fragen, die die Wirtschaft massiv beschäftigen. Und ich wünsche mir, dass wir das nicht immer nur diskutieren im Sinne einer Belastung, die auf uns zukommt, einer Gefahr, einer Bedrohung, einer Bürde, die wir zu tragen haben, sondern gerade für Berlin ist es eine Chance, eine Chance, tatsächlich Vorreiter zu sein bei diesen Entwicklungen, die Technologien zu entwickeln, die Unternehmen zu ermöglichen, die diese Veränderungen machen.

Ich war gestern Abend mit dem Regierenden Bürgermeister in der Urban Tech Republic, das ist ein neuer Zukunftsort, einer von unseren elf Zukunftsorten, wo das autonome Fahren ausgetestet wird, wo die Vorbereitungen für unsere erste Wasserstofffabrik hier in Berlin gemacht werden, wo die neuen Technologien der Zukunft entwickelt werden: Geothermie, Windkraft, Solarnutzung – all diese Dinge, erneuerbare Energien, aus denen unternehmerische Aktivität erwächst und Wachstum für die Stadt. Lassen Sie uns dieses Thema begreifen als Chance!

Und der dritte Punkt: Wir sichern und wollen die besten Köpfe und Hände für unsere Stadt.  Und das ist Ihr Thema heute: Fachkräfte. Wie schaffen wir es, diese besten Köpfe und Hände, die Talente, hier auch nach Berlin zu locken? Und das bedeutet nicht nur, dass wir ’n gutbezahlten Job anbieten und geregeltes Arbeitsleben, sondern dass wir genau das tun, was Frank Eilers auch gesagt hat: „Wer Engagement will, muss Sinn geben“. Und das bedeutet, dass die Menschen, die hierherkommen, die ja aus noch ganz anderen Gründen kommen, als nur dass es hier eine nette Arbeit gibt, wir haben eine Stadt, die viel zu bieten hat. Wenn wir jetzt auch noch die Wohnungen schaffen, die wir brauchen, damit die Menschen auch leben können und die bezahlten können, dann ist das ein Gesamtpaket, was dringend erforderlich ist. Und daran wollen wir anknüpfen. Und ich will auch sagen, als Frau in diesem Amt, wir haben noch Potenziale, die es zu heben gilt. Wir haben bei den Gründungen nur jede fünfte Gründung von einer Frau. Und ich glaube nicht daran, dass es eine unterschiedliche Verteilung von Talent und Begabung gibt, sondern dass wir einfach die Potenziale, die hier liegen, noch nicht voll genug nutzen. Und Berlin ist die Stadt der Frauen, und deshalb müssen wir auf weibliche Gründungen, auf weibliches Unternehmertun, auf Innovationsgeist auch der Frauen unserer Stadt einen Fokus legen. Das ist wichtig, meine Damen und Herren, damit wir die Potenziale nutzen! (Applaus)

Das Thema „Wieviel arbeiten wir alle?“ und ob wir den … oder ständig oder ständig mit elektronischer Fußfessel oder wie auch immer arbeiten, das hat sehr viel damit zu tun, wie Leben, Familie, Vereinbarkeit auch funktioniert. Und das sind die Herausforderungen, vor denen wir stehen, wie man alles unter einen Hut kriegt. Und ich muss sagen, hier in der Ankündigung haben Sie gesagt, ja der Freund Eilers, der arbeitet Remote.

Wissen Sie was? Ich geb’ Ihnen mal noch was zu denken: Ich finde, in meinen Ohren klingt det gar nich so toll. Wir sind ja alle so „in“, aber wenn wir Remote arbeiten, heißt det, ständig, immer? Du wachst auf und auf deinem Nachtisch liegt schon das Handy und die erste Nachricht – ich weiß, Sie sind schon ungeduldig, ich hör gleich auf – aber wissen Sie, ich finde, wir müssen auch darüber reden, wie es Pausen gibt, wie Menschen nicht ständig am Handy hängen und ihren Kindern vorleben, dass sie nur noch damit arbeiten. Und das ist eine Aufgabe, die wir genauso vor uns haben, wenn wir darüber reden, wie wir Arbeit und Kraft einteilen wollen und was eigentlich Frühstückszeit ist. Aber gut…  (Lachen) So… (Applaus)

Sie wissen noch die drei Sätze, nicht? Wir arbeiten für ein starkes Wirtschaftswachstum. Wir arbeiten für die klimaneutrale Stadt. Die besten Köpfe und Hände für Berlin.

Und jetzt der vierte: Wir wollen, dass Berlin zum Innovationsstandort Nr. 1 in Europa wird. Und das ist kein Blütentraum, das ist ein echtes, realistisches Ziel: In der Metropolregion Berlin-Brandenburg mit dem Forschungsstandort, mit Wissenschaft und Forschung, Innovationen und all den Dingen, die heute schon da sind. Wir sind eine der Städte, die im internationalen Vergleich für den Tourismus am attraktivsten ist, zusammen mit London und Paris. Wir sind ganz dicht mit London beim Thema Startups Metropole. Die Hälfte des gesamten Venture-Kapitals in Deutschland geht nach Berlin. Wir können Innovation. Und es ist eine große Chance, aber wir müssen es auch formulieren, dass wir dieses Ziel haben. Und insofern glaube ich, dass das Thema Fachkräftemangel und die Frage, mit der Sie sich heute beschäftigen, sehr damit zusammenhängt, wie wir selbst unsere Stadt sehen, wie wir selbst unsere Stadt nach außen tragen, wie wir die Herausforderungen, vor denen wir stehen, nicht als Gefahr beschreiben, sondern als Chance. Und das ist die Aufgabe, vor der wir stehen. Und ich hoffe sehr, dass vielleicht auch heute dieser Tag getragen ist von einem Motto, das mich immer so beschäftigt. Denken Sie dran, das Leben ist schön, von einfach war nie die Rede. Einen schönen Tag noch!“.

Aufgezeichnet von Mag. Phil. Nader Mohamed
verschriftet von Kirsten Mische

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