Nader Mohamed (Berliner Kriminalitätszeitung): Gestern war Landtagswahl in Sachsen-Anhalt und Sie haben dort verloren. Eine bittere Niederlage haben Sie erlebt. Was haben Sie dort falsch gemacht? Warum haben Sie verloren? Sagen Sie mir nichts von AfD und CDU, „wir sind zwischen den Fronten zerrieben“, aber was haben Sie dort falsch gemacht? Alle ihre, sagen wir mal 40 Kandidaten, oder 41, waren toll und sie hatten einfach schlechte Karten gezogen oder was haben Sie falsch gemacht? Sie haben jetzt die Chance alles Mögliche zu sagen.
Eva von Angern: Also, es ist uns tatsächlich nicht gelungen, während der Pandemie als Opposition vorzukommen. Also wir waren nicht diejenigen, mit denen man die Lösungen der Coronakrise verbunden hat. Ich sag‘ Ihnen, ich find das ungerecht. Weil wir waren beispielsweise die Einzigen in Sachsen-Anhalt, die gesagt haben, wo das Geld dafür herkommt, dass die Krise auch tatsächlich bezahlt wird, dass also die Steuermindereinnahmen, dass sich das reguliert. Dass eben auch die- der Klein- und Mittelstand unterstützt wird. Wir haben konkrete Vorschläge gemacht für das Gesundheitswesen, für die Bildungspolitik. Wir sind damit aber nicht durchgedrungen und das hat eben auch was mit der besonderen Situation zu tun, wenn man in einer Pandemiesituation Wahlkampf führt, ist das eben kein regulärer Wahlkampf.
Es ist nicht so einfach Infostände zu machen, mit ganz vielen Menschen zu reden, man muss neue Wege gehen, aber auch alleine die digitalen Wege führen dazu, dass ich nicht alle Menschen erreichen kann, weil gerade Sachsen-Anhalt als nicht wirklich erschlossenes Land im digitalen Bereich da eine erhebliche Hürde setzt. Und das ist ein Problem. Es ist übrigens auch verursacht durch die Landesregierung, dass wir eben nicht so weit sind wie geplant mit dem Breitbandausbau, dass viele Menschen, vor allem die im ländlichen Raum leben abgehängt sind, dass auch viel Klein- und Mittelstand sich im ländlichen Raum eben nicht niederlassen kann, weil dort der Breitbandausbau, äh, nicht erfolgt ist. Und da sind, auch dazu haben wir Vorschläge gemacht.
Aber die Tatsache, dass wir eben einen Wahlkampf führen mussten unter pandemischen Bedingungen hat es erheblich erschwert und die 1,5 Jahre davor, wo eben vor allem die Regierungen, es war die Zeit der Regierungen, die Pandemie, da ist man nicht nur als Parlamentarier, sondern eben auch in der Opposition im Besonderen, nicht so vorgekommen, konnte sich nicht durchsetzen und man wird vor allem, oder wir sind vor allem nicht damit in Verbindung gesetzt tatsächlich, wirkliche Problemlösungen für die Menschen in Sachsen-Anhalt erreicht zu haben. Also, das ist ein Riesenproblem. Ich gehe davon aus, dass der Bundestagswahlkampf unter anderen Zeichen steht und dass es dann eben sehr wohl darauf ankommt, als stin—starke Linke deutlich zu machen, warum es so wichtig ist eine starke Linke im Bundestag zu haben.
Und da nehm ich grad auch als, als, als, äh, ja auch als Ostdeutsche das Thema Ungerechtigkeit zwischen Ost- und Westdeutschland, sage ganz deutlich, da ist es eben ganz wichtig, eine starke Linke zu haben im Bundestag, weil sie auch die Garantin dafür ist dieses Thema anzusprechen. Und wenn wir das ernstmeinen mit der Vollendung der deutschen Einheit, wird es nicht ohne dem gehen. Wir brauchen gleiche Lebensverhältnisse in Ost und West und insofern bin ich absolut motiviert für die Bundestagswahl und geh davon aus, dass wir, vielleicht sogar zweistellig, in den Bundestag einziehen.
BKZ: Letzte Frage. Waren Sie beim Thema Mobilität engagiert? Reaktivierung der Bahnstrecken, das ist ein typisches Grünes Thema, ja, aber waren sie auch?
von Angern: Es war ein ganz großes Thema für uns als Linke, weil wir die einzigen waren, die deutlich gemacht haben, dass 700 km Schienennetz in den letzten 30 Jahren vom Netz genommen worden sind. Fast 100 Haltepunkte wurden geschlossen in Sachsen-Anhalt und das hat natürlich Folgen. Und das hat vor allem Folgen für’n Land, was überwiegend ländlicher Raum ist. Die Menschen wurden abgehängt. Das heißt wir haben deutlich gemacht, wenn das mit dem Klimawandel ernstgemeint ist, wenn-wenn die Reaktion, und es muss etwas geschehen, auf den Klimawandel, wir müssen handeln. Dann müssen wir das aber auch so machen, dass alle Menschen mitgenommen werden, weil nur dann können wir erfolgreich sein und dann müssen wir eben auch die Perspektive der Menschen mitnehmen, die nicht so ein großes Einkommen haben, aber eben auch der Menschen, die im ländlichen Raum, äh, leben und da alleine beispielsweise auf das Verbot des Autos zu setzen oder die Erhöhung der Spritpreise, das ist absurd. Dann schließe ich Menschen tatsächlich davon aus mitzuwirken. Und deswegen da auch hier, wir brauchen da ne starke Linke. Wir haben das als, äh, Linke in Sachsen-Anhalt sehr wohl thematisiert. Schlussendlich konnten wir uns aber leider damit nicht durchsetzen.
Interview geführt von Mag. phil. Nader Mohamed
verschriftet von Annabell Cassel