(Quelle: BMF)
Nader Mohamed (Berliner Kriminalitätszeitung):
Nader Mohamed, Berliner Kriminalitätszeitung. Also, mein Adressat ist Herr Olaf Scholz, der Jurist, der Rechtsanwalt. Meine Frage ist zum Thema Einwanderungspolitik. Auf der einen Seite hat Ihre Partei wunderbar mitgewirkt mit der Union für das Fachkräfte-Einwanderungsgesetz und das war gut und erledigt. Aber auf der anderen Seite läuft jetzt eine Masseneinbürgerung und Geschenke für die Niederlassungserlaubnis der Flüchtlinge, obwohl das Gesetz für andere ist, wie ich zum Beispiel, die Akademiker, die hierhergekommen sind. Wir müssen 60 Monate Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen. Für die Flüchtlinge haben Sie eine Ausnahme, die jemand wie ich nicht bekommt. Und an Sie als Jurist, die Gesetze müssen für alle sein. Entweder verbessern Sie bei den Flüchtlingen—
Moderation:
Entschuldigen Sie. Wie ist die Frage. Es wäre schön—
BKZ:
Die Frage ist: Herr Olaf Scholz lässt als Kanzlerkandidat alles beim Alten und manche sind benachteiligt und manche bevorzugt oder gibt es Gesetze für alle in der Einwanderungspolitik?
Olaf Scholz (Bundesminister der Finanzen):
Deutschland ist ein Land, das in den letzten Jahren sehr davon profitiert hat, dass viele hier in Deutschland jetzt arbeiten, die aus einem anderen Land kommen oder deren Familien einmal zugewandert sind. Das gilt ganz besonders für die Migration aus der Europäischen Union, die praktisch unge-unbeschränkt stattfinden kann. Das gilt aber auch für bestimmte Formen der Fachkräftezuwanderung, die wir neu möglich gemacht haben, die aus aller Welt stattfinden kann. Und natürlich gehört dazu auch, dass es eine Integrationsperspektive gibt für diejenigen, die wir als politische Flüchtlinge aufgenommen haben. Dass die Regelungen alle jeweils unterschiedlich sind, das halte ich für völlig vertretbar und richtig. Die Perspektive ist das Entscheidende. Ob es einen Weg gibt zur Staatsbürgerschaft, zum Beispiel, und zur Integration für diejenigen, die dauerhaft hier leben. Und das ist etwas für das ich mich an vielen Stellen eingesetzt habe und was sich auch aus den Programmvorstellungen der SPD ergibt.
Moderation:
Nachfrage?
BKZ:
Ja, aber ich finde das nicht richtig, dass ich seit Jahrzehnten hier bin und ich habe zig Hunderttausende als Steuerzahler und Beiträge und ich habe Schwierigkeiten mit der Ausländerbehörde und Flüchtlinge sind vor 5 Jahren gekommen und sind alle eingebürgert und haben eine Niedererlassungserlaubnis. Also, ich finde das nicht fair.
Scholz:
Diejenigen, die eine Zeitlang in Deutschland leben und hier so wie sie eingegliedert sind, haben ja doch so eine Eingliederungsperspektive. Zu meinen ganz großen Aufgaben, die ich schonmal wahrgenommen hatte, gehörte all diejenigen, die 8 Jahre in Deutschland leben, einzuladen die deutsche Staatsbürgerschaft für sich auszuwählen und das ist die Perspektive, die man da verfolgen kann. Jeden Einzelfall kann ich sicherlich abstrakt nicht beurteilen. Wenn Sie dazu ne Auskunft haben wollen, sollten Sie die Gelegenheit nutzen sich an mich zu wenden, dann werde ich versuchen da was rauszufinden. Aber ganz konkret will ich sagen: Ich glaub schon, die eigentliche Aufgabe ist, dass wir einen Weg finden und einen Weg beschreiben, der für diejenigen, die hier dabei sind, die deutsche Sprache beherrschen, die hier berufstätig sind, zum Beispiel eine Eingliederungsperspektive, eine Einbürgerungsperspektive bietet und das ist das, worum es geht.
Interview geführt von Mag. phil. Nader Mohamed
verschriftet von Annabell Cassel